von Pia Andrea Achten
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28 Jan., 2020
Auch wenn das natürliche körpereigene Fasten, der körpereigene freiwillige Verzicht auf Nahrung wenigen Menschen bekannt ist, und daher auch teilweise erschreckend für die pflegenden Angehörigen sein muss, ist die Verweigerung von Nahrung in Krankheitszeiten, ein gesunder Prozess und dient in aller erster Linie, der Entlastung des Körpers. Gerade dann, wenn sich der Mensch geistig und seelisch verändert, und es dem gesamten Organismus psychisch und physisch nicht gut geht, der Mensch ernsthaft erkrankt ist, und innere Prozesse ihn ans Bett fesseln oder ihn ermatten, schaltet der Organismus sehr schnell auf eine Art Überlebens- und Heilungsmodus um. Der Körper verweigert so in einigen Phasen des Lebens, wie z.B. in Sterbeprozessen, Stresssituationen (Trauma) und Krankheitszeiten die Nahrungsaufnahme, weil er die verbleibende Energie für das Weiterleben des Körpers benötigt, und er einen natürlichen Prozess „das Verstehen seiner menschlichen Gegebenheiten“ aktiviert. Auch wenn wir als heutiger moderner Hightech Mensch in einem „goldenem“ Zeitalter des Überflusses leben, sind ein Teil unseren ureigensten Gene Jahr Millionen alt. Sie sicherten uns seit Bestehen der Menschheit unser Überleben. Vor noch gut hundert Jahren war die Nahrungsbeschaffung körperliche Schwerstarbeit, und die Nahrungsaufnahme fiel nicht selten, rar und unregelmäßig aus. Es musste für ein Lebewesen, das in langanhaltenden Stresssituationen und Erkrankungen verweilte, unmöglich gewesen sein, einer Nahrungsbeschaffung nachzugehen. Selten durchlebten diese Menschen regelmäßige Hungersnöte und Fastenzeiten. Da der Organismus darauf reagieren musste, veränderten er seinen Stoffwechsel, in dem er auf körpereigene Reserven zurückgriff. Ein Prozess der auch eine Entgiftung, Zellerneuerung und eine Regeneration für den Verdauungstragt darstellte. Da das Hungergefühl den Menschen zuerst, zu mehr Vitalität und Aktivität anregt und das Denkvermögen ankurbelt, damit er neue Möglichkeiten für die Nahrungsbeschaffung finden kann. Durch eine längere Phase der Reduktion von Nahrung entfällt das Hungergefühl komplett, (wie beim Heilfasten beginnt der Körper eine Zellentleerung, Zellentgiftung - Autophagie bereist nach 16 Stunden) und der Körper fällt in einen Hungerstoffwechsel. Es werden vermehrt Endorphine (vom Körper selbst produzierte Opioide, das heißt auch, dem Opium ähnliche natürliche Stoffe) vom Körper produziert und ausgeschüttet. Sie haben eine schmerzstillende und euphorische (Stimmungserhellende) Wirkung. So kann sich das Lebewesen trotz Nahrungsverzicht, eine körperliche Rast und einer gedanklichen Ruhe „erlauben“, um ein Erkennen der Situation und deren Veränderung dazu, zu ermöglichen. Der Organismus ermuntert sein Lebewesen, sich voll und ganz der Situation hinzugeben, ohne Zwang der Nahrungsbeschaffung, Nahrungsaufnahme und ohne „Angst“ vor dem Verhungern. Ohne die gewohnte Energiezufuhr wird der Körper krankes Gewebe loslassen, um ein inneres Gleichgewicht zwischen Körper und Psyche wiederherzustellen und Prozesse der Regenerierung aktivieren. Er versucht sich durch Entlastungen und Entgiftungsprozesse zu reinigen, um folgend neues gesundes Gewebe wiederaufzubauen. Die heutigen industriell verarbeiteten Nahrungsmittel sind für einen gesunden Körper bereits eine Herausforderung und das gesunde Überleben eine Leistung. Es werden während der Zeit der Nahrungsaufnahme und Verdauung, körpereigene Prozesse gedrosselt, um die Verdauung zu fördern und überhaupt zu gewährleisten. Da die Verstoffwechslung der Nahrung ein hohes Maß an Energie - Blut im Bauchraum benötigt, entzieht der Organismus dem Körper in der Muskulatur und seinem Gehirn - Denkvermögen Energie. Der Prozess der Nahrungsaufnahme und Verwertung muss daher sehr schnell gehen. Denn unsere Gene lernten, ein müdes vollgegessenes Lebewesen, nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte - Denkvermögen ist nicht leistungsfähig und zur Flucht und der Aktivität für sein Überleben unfähig oder eingeschränkt. Die Durchblutung des Körpers wird gedrosselt, um Organe - Magen, Darm, Leber, Milz, und das Gewebe des gesamten Bauchraumes, der Schleimhäute vermehrt mit Blut zu versorgen und die Verstoffwechslung der Nahrungsmittel und das Einspeisung von Vitaminen, Mineralien und Spurenelemente in den Stoffwechsel und die Entgiftung auf zellulärer Ebene zu ermöglichen und das gesunde Überleben des Körpers zu gewährleiten. So kann freiwilliges, Fasten für einen erkrankten Körper eine gute alternative Heil-Möglichkeit darstellen. Es sollte daher, gerade dann, wenn ein erkrankter Mensch an Appetitlosigkeit leidet, keinen Druck und Essenszwang ausgeübt werden. Ich offenbarten sich bei der Mundpflege Situationen, in denen Erkrankte ihr Essen zwar sichtbar zerkauten, es aber in ihre Wangentaschen legten, und nicht hinunterschluckten. Prüfen Sie sich in der Pflege immer wieder aus Neue, wie möchten Sie behandelt werden. Lassen Sie Ihre eigene Furcht „etwas falsch zu machen“ außen vor. Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen, aber was ist, wenn der Körper das nicht mehr möchte? Und so ist das Sterbefasten eine „normaler“ körpereigener Prozess und hilft dem Sterbenden seine letzte Reise in Ruhe anzugehen. Der Organismus aktiviert Prozesse der Ablösung und Auflösung von Körper und Seele. Implizit ist ein Fachausdruck in der Palliativversorgung und sagt aus, „dass der Sterbenswillige die Bereitschaft, der Nahrungsaufnahme und die Flüssigkeitsaufnahme verweigert in dem er seinen Kopf abwertend zur Seite dreht, den Kopf schüttelt oder seinen Mund verschließt und festzusammen zukneift. Oft sind diese Zeichen dem Pflegeperson oder den Angehörigen nicht bewusst. Oft sind sie der Überzeugung eingreifen zu müssen, um das Verhungern und Verdursten, einen Tod auf diese Weise oder eine Verschlimmerung des Sterbeprozesses zu verhindern. Ich bin der festen Überzeugung das Implizit eine natürliche Veranlagung des Körpers in dem Sterbeprozess ist, da sich die Lebenskräfte aus dem Körper verabschieden und keine weitere Energiezufuhr mehr benötigt wird, dem Körper die Möglichkeit gibt Gewebe abzubauen und die Seele gehen zu lassen. Festzustellen bleibt, dass der Pflegebedürftige mit seiner Reaktion eine selbstbestimmte Aussage trifft: „Ich will nicht mehr und ich kann auch nicht mehr, ich möchte in Ruhe gelassen werden und gehen". Als Angehörige sollten wir die Situation nicht mit unserem Kummer belasten und dem zu pflegenden Menschen nicht mit Übervorsorge nötigen. Wir dürfen ihm, wenn er es nicht ausdrücklich in seiner Patientenverfügung erklärt hat, Essen und Trinken immer wieder anbieten, aber wir sollten seine Ablehnung akzeptieren, wenn er sie weiterhin still und auf diese Weise „kommuniziert“. Das Sterbefasten ist ein sehr häufig verkannter Weg – schmerzfrei zu sterben. Akzeptieren wir die Weigerung zur Nahrungsaufnahme und zwingen den Pflegebedürftigen belasten wir ihn vielleicht mit zusätzlichem Erbrechen. Zudem hindern wir mit der Nahrungsaufnahme, wenn sie ungewollt auf erzwungen ist, die Ausschüttung der Endorphine und der zu sterbender Mensch leidet unnötig. Es kommt nicht selten vor, dass der Sterbende seine Essensangebote in den Wangentaschen und Windeln lagert und ausspuckt wen der Pfleger das Zimmer verlässt. Die heutige Intensivversorgung legt sehr schnell Magensonden und fügt so dem Körper Nahrung zu und ich finde, im Zwang gegen den Willen desjenigen, der eine Nahrungs- oder Flüssigkeitsaufnahme verweigert, ist ethisch verwerflich und erfüllt den Straftatbestand der Körperverletzung. Der Mensch stirbt nicht, weil er nicht mehr isst oder trinkt, sondern er isst und trinkt nicht mehr, da er stirbt. Natürlich fällt es vielen Angehörigen verständlicherweise sehr schwer, den Wunsch nach STERBEN zu akzeptieren, doch an diesem Punkt angelangt, sollte sich jeder pflegende Angehörige selbst fragen, welche Versorgung er an der Stelle des Kranken möchte. Er sollte berücksichtigen, und sich vorstellen wie es wäre, monate- oder sogar jahrelang schwerste krank ohne Lebensqualität zu liegen und sich pflegen zu lassen. Oft hilft der Perspektivwechsel bei der Akzeptanz des Sterbewunsches. Explizit ist eine andere Form des Sterbefastens, es ist der ausdrückliche Sterbewunsch, der ein schwerstkranker Mensch klar und direkt äußert. Gerald Neitzke, ein Medizinethiker aus Hannover, sagte in einem Vortrag: „Jeder Mensch hört irgendwann auf mit Essen und Trinken. Es fragt sich nur, ab wann man es „Sterbefasten“ nennt“. Was passiert im Körper beim Sterbefasten? Wenn der Entschluss zum Sterbefasten vom Pflegebedürftigen selbst kommt, er völlig freiwillig und selbstbestimmt geschieht, kommt es durch den Nahrungs- und Flüssigkeitsverzicht wie beim Heilfasten zu einer körpereigenen Endorphin - Ausschüttung, die stimmungsaufhellend, stimmungsstabilisierend und schmerzlindernd ist. Diese Tatsache macht sich der Körper zu Nutze und verhilft den Sterbeprozess, der nicht einfach ist, dafür annähernd schmerzfrei zu gehen. Nach ca. 48 Stunden ist der Hunger verschwunden. Das Durstgefühl ist dagegen hartnäckiger und quälender, aber es hilft eine gute und kontinuierliche Mundpflege. Es ist ratsam, sich in der Vorbereitung einer Patientenverfügung mit den Grundvoraussetzungen einer Selbstverantwortlichkeit des Gedanken zum möglichen eintreten des Todes und dem aufkommendem Sterbewilligen, sich in vollkommender Freiwilligkeit und den Tatsachen des Sterbefastens, unter Anbetracht aller Möglichkeiten, das Für und Wider und eventuellen andere Perspektiven bereits lange vor der akuten Situation zu überdenken. Es wäre schön, wenn der Sterbewillige und der Pflegende die verbleibende Zeit sinnvoll miteinander nutzen können. Das Wissen, dass es nun wirklich dem Ende zugeht, dass diese Lebenszeit begrenzt ist, macht sie so wertvoll und bietet die einmalige Chance noch einmal sich der Liebe zu vergewissern, ungeklärtes zu klären, Familiengeheimnisse zu gestehen und seine Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit auszudrücken. Wenn diese Grundvoraussetzungen erfüllt sind, dann ist es auch kein „elendes Verhungern und Verdursten“, dann hilft die Endorphin - Ausschüttung, diesen Sterbeprozess sogar gut gelaunt zu meistern. Für manch ein Angehöriger ist der explizite Sterbevorgang ein harter Brocken, denn er wird in einer suizidalen Absicht begonnen, auch wenn er einem natürlichen Sterbeprozess ähnelt. Es muss jedem klar sein, was diese Explizite Form des Sterbens abverlangt. Es sollte natürlich alles vorab in einer Patentenverfügung formuliert werden. Das sichert den eigenen Wunsch und dessen Umsetzung und schützt die pflegenden Angehörigen vor einer strafrechtlichen Verfolgung, der unterlassenen Hilfestellung. Besprechen Sie alles mit einem Arzt oder besser noch mit einem Palliativ-Mediziner, damit das Absetzen der bisherigen Medikamente und Therapien besprochen und auch evtl. ein Medikament gegen auftretenden Liegeschmerz oder Unruhe verordnet werden kann. Eine selbstbestimmte Handlung wie die des bewussten Verzichts auf Essen und Trinken, kann jederzeit rückgängig gemacht werden, denn es kann in einem Prozess wie diesen, eine Veränderung der Pflegebedürftige geschehen, in dem sie sich wieder gerne dem Leben zuwenden möchten. Es gehört schon ein starker Wille und viel Durchhaltevermögen dazu, diesen Sterbeprozess zu gehen. Aber es ist im Grunde die letzte selbstbestimmte Handlung, die ein Mensch, der sonst nur noch auf Hilfe angewiesen ist, oder einen besonders „langen“ schmerzvollen Sterbeprozess vor sich hat, durchführen kann. Für einen Menschen mit Sterbewunsch kann dieser Schritt leicht sein und zugleich eine Befreiung bedeuten. Begleitung beim Sterbefasten durch die Angehörigen Was für mich selbstverständlich wäre, würde meiner Schwester ein Hindernis sein. Und so wie wir unterschiedlich sind, sind es die Angehörigen und zu pflegenden Menschen auch. Wenn der Sterbewunsch entsteht, sollte nicht so viel Zeit vergehen, bis man diesen Wunsch explizit äußert. Es ist immer von Vorteil, geistig vollkommen klar zu sein, anders wird man diese selbstbestimmende Handlung nicht durchführen können. Entsteht dem Arzt der klitzekleinste Zweifel, dass diese Handlung nicht eigenbestimmt und frei von Meinungen anderen geäußert ist, wird es schwierig. Es sollte vom Sterbewilligen, vor dem Sterbefastenbeginn zuerst eine ausführliche Recherche stattfinden und zweitens eine gute, ausführliche Kommunikation von Seiten aller Beteiligten, ohne Vorwürfe immer wieder Raum finden. Nur durch gute Kommunikation können Bedenken und Ängste beseitigt werden und alle Beteiligten können an einem Strang ziehen. Es benötigt oft Raum, bis die Angehörigen den Sterbewunsch akzeptieren können. Denn ein Sterbewunsch wirft Fragen auf. Was wird sein, wenn er nicht mehr da ist, wenn ich ihn nicht mehr pflegen muss? Wie gehe ich mit der Trauer um? Kann ich ohne ihn leben? Je nachdem welchen Zeitraum die Pflege umfasste, stellt man sich auch die Frage; „Was wird dann aus mir?“ Was mache ich dann, wenn meine tägliche Pflegarbeit wegfällt? Falle ich dann in ein tiefes Loch? Was mache ich mit all meiner Zeit? Aber gehört zu der Liebe zu einem Menschen nicht auch das Akzeptieren seines Willens und das Loslassen können dazu? Sterbefasten, d.h. der Wunsch selbstbestimmt zu sterben, ist ein großes Thema mit vielen Facetten. Essen und Trinken in der letzten Lebensphase Auch wenn ich mich wiederhole, möchte ich diesen Satz nochmals ins Gedächtnis rufen: “Der Schwerkranke stirbt nicht, weil er nichts isst, sondern er isst nichts, weil er stirbt!” In der letzten Lebensphase lassen Appetit und auch Hungergefühl immer mehr nach. Die Organe stellen allmählich ihre Funktion ein. Nahrung kann nicht mehr verwertet werden und belasten eher den Organismus als ihm zu nutzen.Künstliche Ernährung in den letzten Lebenstagen kann den Körper stark belasten. Es lagert Flüssigkeit ein, was zu Luftnot, Übelkeit und zusätzlichen Erbrechen führt. Sterbefasten – Ergänzung zur Patientenverfügung Damit Ärzte, Pflegepersonal und auch die Angehörigen sich nach Ihren Wünschen richten können, sollten Sie eine zusätzliche Ergänzung zur Patientenverfügung machen. Kostenloser Download Schriftliche Verfügung